K A T T E Rechtsanwalt Hennig v. Katte v. Lucke
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Landwirtschaftsrecht

Ein aufstockungsbereiter Landwirt wird während des Genehmigungsverfahrens ausgetauscht; Begründungspflicht der Behörde

 

In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht in Naumburg ging es um die Rechtsfrage, ob der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt das Vorkaufsrecht, welches sie zugunsten zweier kaufbereiter  Landwirte ausübte, die während des Gerichtsverfahrens in einer Person ausgetauscht wurden, das Vorkaufsrecht gegenüber einem Nichtlandwirt zusteht. Das Oberlandesgericht hatte mit überzeugender Entscheidung zugunsten des Nichtlandwirts entschieden.

 

Grundsätzlich ist das Siedlungsunternehmen nicht gehindert, landwirtschaftliche Flächen, die es aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrecht erlangt, nicht nur an einen Landwirt, sondern getrennt an mehrere Landwirte zu veräußern. Allerdings – und dieses war im vorliegenden Fall nicht gegeben – müssen sämtliche Erwerbsinteressenten die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts – also die Erwerbsbereitschaft, Aufstockungsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit – erfüllen. Dies sei die Folge, dass die Genehmigung eines einheitlichen Grundstückskaufvertrages grundsätzlich auch nur einheitlich erteilt werden kann und nicht in einen genehmigungsfähigen und einen nicht genehmigungsfähigen Teil aufgespalten werden kann.

 

Besonders weist das OLG noch darauf hin, dass diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts vorliegen müssen. Dieses war in dem entschiedenen Fall nicht gegeben, da der eingewechselte Erwerbsinteressent zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts seine unbedingte Erwerbsbereitschaft noch nicht bekundet hatte. Die spätere Bekundung genügte nicht.

 

Ferner wies das OLG darauf hin, dass es seitens der Genehmigungsbehörde nicht genügt darauf abzustellen, dass andere, weitere Landwirte nach ihren Ermittlungen aufstockungsbedürftig seien. Weiter sei daher von der Genehmigungsbehörde konkret zu überprüfen, bei welchen Betrieben weitergehend eine Erwerbsbereitschaft vorliege, damit es bei der Abwägung berücksichtigt werden könne. Damit soll verhindert werden, dass das Siedlungsunternehmen erst nachträglich die Voraussetzungen für eine wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts herbeiführt.

 

Schließlich fehlte es, da einer der ursprünglichen Erwerbsinteressenten Mitgesellschafter einer GbR war, an dem bekundeten Erwerbsinteresse der GbR, da bei ihm als Landwirt die Aufstockungsbedürftigkeit nicht vorlag. Er unterhielt nämlich in seiner eigenen Person keinen – weiteren - eigenen landwirtschaftlichen Betrieb (OLG Naumburg, Beschluß vom 14.12.2016, Az.: 2 Ww 10/15). 

Siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht - Verkehrswert

 

1. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nach § 4 RSG vor, so muss die Genehmigungsbehörde den Vertrag der Siedlungsbehörde auch dann nach § 12 GrdstVG vorlegen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert um mehr als 50% überschreitet. Geschieht dies nicht, kann die Genehmigung nicht wegen ungesunder Bodenverteilung versagt werden. 

2. Ist der Grundstückserwerber selbst Haupterwerbslandwirt, kann der vereinbarte Kaufpreis nur in Ausnahmefällen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG beanstandet werden. In die Prüfung dieses Versagungsgrundes dürfen Umstände, die möglicherweise die Annahme einer ungesunden Bodenverteilung auch bei Veräußerung an einen Haupterwerbslandwirt rechtfertigen würden, nicht einbezogen werden. 

 

Der (zu) schnelle Maisabfahrer

 

Der Kläger fuhr im Lohn Mais ab. Die Abfuhr sollte über einen Spurplattenweg erfolgen. Nachdem dieses zunächst problemlos vonstattenging, kippte der Hänger des Klägers in einer Kurve auf dem sichtbar verschlammten Weg um. Der Kläger wollte nunmehr vom Lohnunternehmer den Schaden ersetzt erhalten. Er begründete dieses im Wesentlichen damit, dass der Lohnunternehmer ihn auf die Verschmutzung hätte hinweisen müssen und er seiner Reinigungspflicht nicht nachgekommen wäre.

Der hinzugezogene Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit zu hoher Geschwindigkeit gefahren sei. Das Oberlandesgericht führte dazu aus, dass dem Besteller einer Werkleistung, der Vertrag wurde als Werkvertrag qualifiziert, die Pflicht treffe, zugunsten des von ihm beauftragten Unternehmers alles Erforderliche und objektiv Zumutbare zu tun, um die dem Unternehmer gehörenden Gerätschaften während der Arbeit auf dem Feld vor Schaden zu bewahren. Eine Verletzung komme allerdings nur dann in Betracht, wenn es nicht lediglich um das allgemeine Risiko der Arbeiten geht, sondern es müssen besondere Umstände hinzutreten, die für den Besteller erkennbar zu einer höheren Schadensträchtigkeit führen und auf die dieser sodann den Unternehmer hinweisen muss. Auf allgemeine Gefahren, wie die sichtbare Verschlammung brauche nicht hingewiesen zu werden.

Im Ergebnis konnte sich der (zu) schnelle Traktorfahrer nicht schadlos halten und musste den Schaden selber tragen. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stendal wurde durch Beschluss rechtskräftig zurückgewiesen (OLG Naumburg, Beschluss vom 10.02.2017, Az.: 1 U 127/16).

Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht: Pressemitteilung Nr. 63/15

 

Angemessenheit eines Nachtarbeitszuschlags - Dauerhafte Nachtarbeit

 

Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen. Bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30%. 

Der Kläger ist bei der Beklagten als Lkw-Fahrer im Paketlinientransportdienst tätig. Die Arbeitszeit beginnt in der Regel um 20.00 Uhr und endet unter Einschluss von Pausenzeiten um 6.00 Uhr. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte an den Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn iHv. zunächst etwa 11%. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise auf zuletzt 20% an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% vom Stundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren. 

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgeben, das Landesarbeitsgericht hingegen nur einen Anspruch iHv. 25% festgestellt. Die Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Bestehen - wie im Arbeitsverhältnis der Parteien - keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage angemessen. Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielweise durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen können zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine erhöhte Belastung liegt nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall erhöht sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da der Kläger Dauernachtarbeit erbringt, steht ihm ein Ausgleichsanspruch iHv. 30% zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr gezahlter Zuschlag nicht anrechenbar. Ebenso wenig ist die Höhe des Stundenlohns des Klägers relevant. Erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist, bestehen nicht.

 

 

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 -

Vorinstanz Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 -


 

In einem ähnlich gelagerten Fall (- 10 AZR 29/15 -) hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 19. November 2014 - 7 Sa 417/14 -) die Beklagte zur Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags in Höhe von 30% verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der Senat zurückgewiesen. In einem weiteren Fall (- 10 AZR 156/15 -) hat der Senat die Entscheidung der Vorinstanz (LAG München, Urteil vom 29. Januar 2015 - 4 Sa 557/14 -) aus prozessualen Gründen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. 


*§ 6 Abs. 5 ArbZG lautet: 
Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

Bundesarbeitsgericht: Pressemitteilung Nr. 13/16

 

Ruhen des Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit

 

Nach § 33 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) ruht das Arbeitsverhältnis ab dem Monat nach Zustellung des Rentenbescheids, wenn dem Beschäftigten Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit bewilligt wird. Dabei kommt es nicht auf die Höhe der Rente an. Liegt nur eine teilweise Erwerbsminderung vor, d.h. ist der Beschäftigte unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch in der Lage, zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, kann der Beschäftigte nach § 33 Abs. 3 TVöD zur Vermeidung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses seine Weiterbeschäftigung beantragen. Dies muss schriftlich und innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids erfolgen. Der Arbeitgeber kann den Antrag ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe der Weiterbeschäftigung entgegenstehen. § 33 TVöD kann aber die gesetzlich garantierten Rechte schwerbehinderter Menschen nicht verkürzen. Dieser Personenkreis kann darum unabhängig von der in § 33 TVöD angeordneten Form und Frist gem. § 81 Abs. 4, Abs. 5 Satz 3 SGB IX eine behinderungsgerechte Beschäftigung verlangen. Darüber hinaus kann jeder Beschäftigte auch während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses nach § 241 Abs. 2 BGB vom Arbeitgeber die Prüfung der Möglichkeit der Beschäftigung unter Berücksichtigung seines verbliebenen Leistungsvermögens verlangen. Damit schränkt § 33 TVöD die Möglichkeit des Beschäftigten, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezieht, durch die Fortsetzung des aktiven Arbeitsverhältnisses sein Einkommen zu sichern, nicht so stark ein, dass die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit verletzt ist.

Die Klägerin ist als Schulhausmeisterin bei der beklagten Stadt beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit bei einer täglichen Arbeitszeit von 4,7 Stunden gegen ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt von 1.600,00 Euro tätig. Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 11. Juni 2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von 364,24 Euro monatlich bewilligt, die bis zum 30. Juni 2015 befristet war. Die Klägerin stellte innerhalb der Frist des § 33 Abs. 3 TVöD keinen schriftlichen Antrag auf Weiterbeschäftigung. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2015 nicht geruht habe. 

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen fristgerechten Antrag nach § 33 Abs. 3 TVöD gestellt. Eine Weiterbeschäftigung als schwerbehinderter Mensch bzw. nach § 241 Abs. 2 BGB, die das Ruhen des Arbeitsverhältnisses beendet hätte, hat die Klägerin nicht verlangt.

 

 

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 4. November 2014 - 7 Sa 29/14 -

 

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